Wegen der vermeintlichen Ähnlichkeiten von Bühnenmelodram als eigener Gattung und melodramatischer Szene wurden bislang die Ausdrucksmittel dieser Szenen nicht präzis differenziert. Übereinstimmend wird die melodramatische Szene eines Bühnenwerks in der wissenschaftlichen Debatte als Topos des Wunderbaren beschrieben, ohne dass ihre musikdramaturgischen Spezifika gewürdigt worden wären – von der Korrelierung dieses Stilmittels mit dem Ausdruckspotential von Rezitativ und geschlossener Form ganz zu schweigen. Die Poetik einer melodramatischen Szene – so die These dieser Studie – ist jedoch nur aus dem Zusammenspiel von Sprache, Szene und Musik heraus zu erfassen, aus einer Verbindung also, die vor dem Hintergrund der romantischen Debatte über die Sprachfähigkeit von Instrumentalmusik zu würdigen ist.
Das Zusammenwirken theatraler Parameter wird durch Detailanalysen melodramatischer Szenen aus Bühnenwerken des 18. und 19. Jahrhunderts veranschaulicht. Die melodramatische Szene ist demnach weder eine 'Übergangsform', noch eine Vorform des Musikdramas im Stile Richard Wagners, sondern eine eigenständige musikdramatische Ausdrucksform.