Diese vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung initiierte Studie richtet den Blick auf die Determinanten der Entstehung und Entwicklung terroristischer Organisationen. Wenngleich eine der Ausgangsfragen war, inwieweit Armut, soziale Ungleichheit und Analphabetismus in der Dritten Welt als mögliche Ursachen der Welle religiösen Terrorismus in Frage kämen, die in den Anschlägen vom 11. September 2001 gipfelte, wurden alsbald weitere Erklärungsfaktoren, insbesondere organisationsinterne Determinanten terroristischen Handelns in die Analyse mit einbezogen.

Denn will man erfahren, wie es zur Bildung terroristischer Verbände und zur ständigen Neurekrutierung von Mitgliedern für sie kommt, so bleibt einem nichts anderes übrig, als sich auf die Ebene dieser Verbände und der einzelnen Terroristen selbst zu begeben: zu versuchen herauszufinden, aus welchem sozialen Milieu diese stammen, welche sukzessiven Schritte sie zu der Gewaltorganisation führten, aus welchen Motiven sie die Konfrontation mit dem Staat und der Gesellschaft suchen, warum sie die Strapazen eines Lebens im Untergrund auf sich nehmen, sich nicht scheuen, gegebenenfalls auch Unschuldige zu töten oder mit in den Tod zu reißen usf. Kurzum, es geht darum, die Vorstellungs- und Lebenswelt der terroristischen Akteure zu verstehen.

In den einzelnen Untersuchungen wird prozessualen Aspekten der Vorrang vor einer statischen Analyse eingeräumt; das heißt, der Akzent wird auf sukzessive Entscheidungen der Akteure und Gruppen in Schlüsselsituationen gelegt, die den Gewaltkurs intensivieren oder abschwächen können. Dabei wird dem terroristischen Handeln prinzipiell eine bestimmte Rationalität zugestanden. Selbstredend handelt es sich dabei nicht um jene Rationalität, die man von sozialen Akteuren allgemein in 'normalen' Situationen erwartet. Diese Rationalitätsprämisse findet auch ihren Niederschlag in der Behandlung des religiösen Terrorismus. Die Teilstudien sind von dem durchgehenden Bemühen geprägt, diesen zu demystifizieren und zu entdramatisieren, indem sie zeigen, daß selbst die Mehrzahl der gemeinhin als fundamentalistisch bezeichneten religiösen Bewegungen primär handfeste Interessen in dieser Welt verfolgt.

Der Beitrag von Heinrich-W. Krumwiede ist eher strukturell ausgerichtet. Alle anderen Teilstudien konzentrieren sich auf die Gewaltakteure und ihr soziales Umfeld. Stefan Malthaner untersucht die Beziehung zwischen den Terroristen und ihren angeblichen und tatsächlichen Sympathisanten, ihrem 'Unterstützungspotential'. Peter Waldmann geht auf das Zeitverständnis terroristischer Gruppen und generell die zeitliche Dimension des Terrorismus ein. Hamed Abdel-Samad schließlich befasst sich mit einem Teilaspekt der räumlichen Dimension des Terrorismus, nämlich der Gefährlichkeit der islamischen Diaspora in der BRD.