Das vergangene Jahrzehnt hat alle in der Periode Stalin in der Sowjetunion entwickelten und dann auf andere Staaten übertragenen Partei-, Staats- und Ideologiemodelle gründlich ausgerottet. Lediglich eins seiner Werke hat den Höllensturz von 1990 überlebt: Die geltende Staatsgrenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen.
Um deren Verteidigung hat sich in den vergangenen Jahren eine widersprüchliche Gesellschaft versammelt: In Deutschland Helmut Kohl und Erich Honecker, unter den Polen Wojciech Jaruzelski, Lech Walesa sowie Papst Johannes Paul II., ein gleiches Bild in Frankreich und Grossbritannien, auch bei den Präsidenten der USA. Hauptperson des Buches aber ist der Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Josef Wissarionowitsch Stalin, der Mann, der wie keine andere Gestalt der Weltgeschichte zur Vernichtung der von Marx beeinflussten Arbeiterbewegung beigetragen hat.
Der Autor zeigt, dass Josef Stalin Hauptinitiator und unentwegter Einpeitscher dieser Grenze war. Dabei geht er weit, bis zur mittelalterlichen Ostbewegung, zurück. Von dorther führt er die Analyse bis in die Gegenwart. Er untersucht die Antworten polnischer wie tschechischer Eliten auf jenen Vorgang, sowie Stalins Aktivitäten zu deren Realisierung bis zur und während der Potsdamer Konferenz. Er schildert den durch die Naziaggression ermöglichten nationalen Gegenschlag in den einstigen Ostprovinzen, die Situation der deutschen Zivilbevölkerung, die Gebietsaneignung und die "wilden" Vertreibungen bereits vor Potsdam. Grosse Aufmerksamkeit erfährt die Aufnahme der Vertriebenen in den deutschen Besatzungszonen und ihre ersten Schritte zur Selbstorganisation, die letzten Endes zur Stärkung der konservativen Kräfte in der BRD führte. Schliesslich beschreibt der Autor die vergeblichen Vorschläge aus dem linken Spektrum zu einer vernünftigen Grenzlösung, darunter solche von Marx und Engels oder dem DDR-Dissidenten Wolfgang Harich.
Bei der Recherche konzentrierte sich der Autor auf ältere, realsozialistische Dokumenteneditionen und Monographien wie auch auf Material neuesten Datums. Er vermittelt so dem Leser unerwartete Einblicke in Vorgänge, von denen mancher bisher geglaubt hat, da gäbe es nichts Neues mehr zu sagen.