Herodes der Große verdankt seinen festen Platz in der europäischen Erinnerungskultur einer Verleumdung: Er ist nicht der ›Kindermörder von Bethlehem‹ – das Neue Testament hat ihm diese Rolle des ersten Schurken in der Heilsgeschichte angedichtet. Er ließ auch nicht Johannes den Täufer töten, weil die schöne Salome zum Lohn für ihren Tanz beim Gastmahl den Kopf des Propheten gefordert hatte – dafür war vielmehr sein Sohn Herodes Antipas verantwortlich. Wer aber war Herodes der Große?
Linda-Marie Günther beschreibt das Leben des Königs in allen seinen Facetten: Herodes entstammte einer einflussreichen idumäischen Familie, begann seine ›Karriere‹ am Hof des hasmonäischen Königs und wurde schließlich vom römischen Senat zum König von Judäa ernannt. Es ist eindrucksvoll, wie es Herodes gelang, sich in jenen turbulenten Jahren des römischen Bürgerkrieges in Jerusalem an der Macht zu halten. Als ›Realpolitiker‹ war er ein flexibler Machthaber in der Tradition hellenistischer Monarchen, der seinem Land wirtschaftliche Blüte und eine erfolgreiche Außenpolitik brachte. Das Bild, das Flavius Josephus und das Neue Testament von ihm zeichnen, ist von ideologischen Vorbehalten und Hass verzerrt und verstellt den Blick auf die historische Persönlichkeit des Herodes.