Genosse Kapitalist? Nach Startschwierigkeiten und Schikanen in den Nachkriegsjahren gelang es den oftmals langjährigen Familienunternehmen in der Planwirtschaft Fuß zu fassen. Mit Hinsicht auf ihre überdurchschnittliche Produktivkraft begann sich der DDR-Staat ab 1956 in großem Umfang an den Betrieben zu beteiligen. Ende der 50er Jahre waren so gut wie alle ehemaligen Privatunternehmen in Betriebe mit staatlicher Beteiligung umgewandelt. Den Unternehmern sicherten die staatlichen Beihilfen eine gute ökonomische Entwicklung bei weitgehender Selbstbestimmung. Mit Beginn der Ära Honecker endeten 1972 die Jahre des Toleranz. Die Betriebe wurden oft in „Nacht-und-Nebel-Aktionen“ verstaatlicht. Die Eigentümer, von denen in der Folgezeit viele als staatliche Leiter ihrer ehemaligen Unternehmen fungierten, wurden in den 80er Jahren durch linientreue SED-Kader ersetzt. Nach der Wende gelang es einigen, ihre alten Betriebe erfolgreich weiterzuführen, andere wurden aber in den zähen Verhandlungen mit der Treuhand aufgerieben. Die Französin Agnès Arp recherchierte und interviewte acht ehemalige Privatunternehmer und -unternehmerinnen. Sie erzählen ihre wechselhafte Geschichte von den Anfängen der DDR bis zu den Wirren der Reprivatisierung in der Wendezeit. Die Historikerin ist engagierten und selbstbewussten Menschen begegnet, die versuchten, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Dabei bedient sich Arp nicht der üblichen Täter-Opfer-Rhetorik, sondern sie zeichnet verständnisvoll und kritisch zugleich die Erfahrungen auf.