Kriminalität im Dritten Reich; Im November 1934 begann eine spektakuläre Raubserie im Berliner Westen, die bis Ende 1937 anhielt. 157 Überfälle wurden verübt und zwei Menschen ermordet. Betroffen waren Liebespärchen, die sich zu einem Stelldichein in Autos auf dunkle Waldwege zurückgezogen hatten. Die Polizei tappte lange im Dunkeln und war blamiert. Zwei 14-Jährige brachen aus einem Erziehungsheim aus, beraubten eine alte Frau und töteten sie. Die Ehefrau eines Wehrmachtssoldaten und Geliebte eines SS-Angehörigen, wurde in der S-Bahn erschlagen und aus dem Zug geworfen. Während des Krieges erfolgten in Bombennächten regelrechte Einbruchserien. Die Historikerin Regina Stürickow schildert anhand zahlreicher Fälle, wie das Dritte Reich, das den Mythos der Volksgemeinschaft pflegte, mit der Alltagskriminalität umging. Sie stützt sich dabei auf gründliche Recherchen in Archiven und Ermittlungsakten, die sie zu einem überzeugenden Gesamtbild zusammenfügt. Auch Verbrechen, in denen politische Interessen des Regimes direkt berührt werden, finden Berücksichtigung, so der Raubmord an einer jüdischen Zwangsarbeiterin, die Einbeziehung der so genannten Rassenschande in einen Prostituiertenmord oder die Entführung und Folterung eines Fabrikanten durch SA-Angehörige. So entsteht ein facettenreiches Bild über soziale Milieus im Dritten Reich, in denen Kriminalität erwuchs. Die gelungene Verbindung von Verbrechens- und Sozialgeschichte und die Aufdeckung wenig bekannter Seiten der Nazidiktatur macht das Buch zu einer äußerst aufschlussreichen Lektüre.