Eduard Mörike wurde in der Forschung über Jahrzehnte vornehmlich als Lyriker wahrgenommen. Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts Setzte jedoch auch eine intensive und produktive AuseinanderSetzung mit Mörikes Roman Maler Nolten ein. Seine Erzählungen blieben hingegen, von der Mozart-Novelle abgesehen, in der Fachwissenschaft weitgehend unbeachtet. Im besonderen gilt dies für Mörikes Stuttgarter Hutzelmännlein, das, neben Mozart auf der Reise nach Prag, als herausragende Leistung auf dem Gebiet der Kleinepik anzusehen ist – und dennoch bis heute eher marginal behandelt wurde.

Die vorliegende Untersuchung bietet nicht nur eine eingehende strukturelle Analyse, sondern auch eine umfassende inhaltliche Interpretation dieses Werkes. Durch die Verknüpfung unterschiedlicher methodischer Zugänge wird der außerordentlichen Komplexität der – vermeintlich ‚naiven’ – Erzählung Rechnung getragen. Der Kunstcharakter des Textes wird dadurch ebenso erschlossen wie seine eindrucksvolle AuseinanderSetzung mit der literarhistorischen Tradition der Romantik. Ferner wird mit Hilfe psychoanalytischer Theoreme Freudscher Prägung verdeutlicht, dass Mörike auch in diesem Werk ein subtiler dichterischer Beobachter psychischer Prozesse ist Nicht zuletzt wird der Ort des Stuttgarter Hutzelmännleins – dies primär im Hinblick auf die mannigfachen Beziehungen der Erzählung zum Maler Nolten – innerhalb des Mörikeschen Oeuvres beleuchtet. Insgesamt zeigt sich, dass es sich beim Stuttgarter Hutzelmännlein keineswegs um eine ‚naive’ Dichtung handelt, sondern um ein Werk, das, ganz im Wortsinne, ernst genommen werden will.