Wer steht nicht sprachlos vor dem Wunder einer gotischen Kathedrale? Und wer rätselte nicht über die Leistung der großen Baumeister und der spämittelalterlichen Bauhütten? Was aber als Geheimnis in Stein so erhaben dasteht, hat zuvor als Entwurf auf Pergament existiert. Das Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste in Wien kann sich glücklich schätzen, die weltgrößte Sammlung originaler gotischer Baurisse aus dem 14. und 15. Jahrhundert zu besitzen. Diesen unschätzbaren Bestand – 428 Zeichnungen – hat der Kunsthistoriker Johann Josef Böker erstmals umfassend aufgearbeitet. Seine Forschung ist ein kulturgeschichtliches Ereignis ersten Ranges: Sie stellt die Geschichte der gotischen Architektur auf eine neue Grundlage. Kein Forscher kommt künftig um sie herum, und auch kein Liebhaber der Gotik sollte sich den Prachtband entgehen lassen, der den Schatz nun öffentlich zugänglich macht: Auf 464 Seiten werden die Baurisse aufwändig im Vierfarbendruck präsentiert, begleitet von historischen Schwarzweißfotos der Bauwerke.

Die restaurierte und digitalisierte Sammlung wurde ausgezeichnet mit dem European Heritage Award/Europa Nostra 2003 und wurde in das "Memory of the World Register" der UNESCO aufgenommen.