Kirche und Kino? Die Zeitgenossen, die sich an die Zeit vor dem Siegeszug des Fernsehens erinnern, denken bei diesem Begriffspaar weniger an Filme als an Demonstrationen vor Kinos, gegen Filme wie 'Die Sünderin', 'La Dolce Vita' oder 'Das Schweigen'. Die spontanen Urteile über das Verhältnis der katholischen Kirche zum Kino fallen deshalb ziemlich einheitlich aus, das Begriffspaar ist fast ausschließlich strittig festgelegt und semantisch negativ besetzt. Gerecht ist dieser Eindruck nicht. Die katholische Filmarbeit zwischen 1945 und 1965 läßt sich nicht auf eine Protestbewegung reduzieren. Der Kontakt zwischen beiden Seiten beschränkte sich zu keinem Zeitpunkt nur auf Zensur- und Absetz-ungsforderungen. Kaum ein kirchlicher Arbeitsbereich hat sich in diesen Jahren so radikal gewandelt wie die Filmarbeit. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden noch kirchliche Wanderkinos betrieben und 'gute' Filme gefördert – das Medium Film sollte zur Rechristianisierung der Gesellschaft beitragen. Als in den Kinos der sechziger Jahren zunehmend die Hüllen fielen und künstlerisch-avantgardistische Filme die Programme bestimmten, änderte sich auch die katholische Filmförderung. Ausgelöst von Papst Pius XII. öffnete man sich für Problemfilme, die keineswegs mehr den sittlichen und moralischen Vorstellungen der frühen fünfziger Jahre entsprachen. Jetzt war nicht mehr der Kampf gegen 'schlechte' Filme zentral. Die Kirche erkannte vielmehr das Kino als eigene Kunstform an. Dieser spannende Lern- und Wandlungsprozeß wird im vorliegenden Buch klar und detailliert dargestellt.