Der Herausgeber des vorliegenden Werkes, Andreas E. Eckl, gelangte vor über vier Jahren an das "Afrikanische Tagebuch" von Georg Hillebrecht aus dem Jahre 1904, das dieser in der Zeit seines Einsatzes als Oberarzt der Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika im Krieg mit dem Volk der Herero führte. Es handelt sich um Echtzeittagebücher, also um Aufzeichnungen, die in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den beschriebenen Situationen und Ereignissen stehen. Die Aufzeichnungen wurden demnach nicht von Bewertungen und Einschätzungen im Lichte späterer Erfahrungen überlagert.
Die Tagebucheinträge umfassen zwei Abschnitte des Krieges, die Zeit des 'eigentlichen' Krieges, der am 11. August beendet war, und die Auseinandersetzung danach. So kann auf ihrer Grundlage der Fragestellung nachgegangen werden, inwieweit sich durch die veränderte Rolle und Funktion der Schutztruppe nach Hamakari auch die Sichtweise der Soldaten auf den Kolonialkrieg, die Bewertung der eigenen Rolle in diesem Krieg und das Selbstverständnis als Schutztruppensoldat gewandelt hat.
Die beiden Tagebücher von Hillebrecht und Epp werden hier zusammen publiziert, weil sie sich trotz oder gerade wegen ihrer Unterschiede in Stil und Inhalt bestens ergänzen und das breite Spektrum persönlicher, individueller Perzeptionen des Kolonialkrieges verdeutlichen. Ein Text voller Beobachtungen, Beschreibungen, Eindrücke, Ansichten und Reflexionen auf der einen Seite, militärisch knappe, präzise Aufzeichnungen weitgehend ohne persönliche Anmerkungen, die nur Wesentliches aus der militärischen Perspektive eines Soldaten festhalten, auf der anderen Seite. Gerade die Zusammenschau beider Texte macht deutlich, dass eine verallgemeinernde Argumentation mit Blick auf die Rolle und das Verhalten der Schutztruppensoldaten der historischen Realität und der Vielfalt der einzelnen Charaktere nicht gerecht wird.