Die Moskauer Metro ist nicht nur die architektonische Verkörperung der stalinistischen Kultur, sondern auch ein Fortschrittssymbol jener Zeit. Die Kampagne der "Geschichte der Metro" war ein Versuch, den "neuen Arbeiter" zu schaffen. Dazu wurde die gesamte Metrobaustelle in das Schreibgeschehen einbezogen: Archivare zogen von Bauabschnitt zu Bauabschnitt, Geschichtsposten leiteten in den Schächten die Arbeiter an, die Tagebücher führten und diese kollektiv diskutierten. Hunderte Befragungen wurden durchgeführt.
Die Historikerin und Slawistin Nancy Aris nähert sich dem Geschichtsprojekt aus zwei Perspektiven. Sie zeichnet den strukturellen Aufbau und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des Schreibapparates nach und zeigt an der Redigierung der Texte, mit welchen Verfahren die Redakteure neue Inhalte und Deutungen schufen. Die Wiedergabe vieler Textbeispiele aus bisher unveröffentlichtem Archivmaterial veranschaulicht, wie Geschichtsmanipulation im Stalinismus konkret funktionierte.
Zum 70. Jahrestag der Metroeröffnung kommt diese Studie zum richtigen Zeitpunkt.