Parteilich und äußerst polemisch bezieht die "Nachricht von Realis de Vienna Prüfung des Europischen Verstandes durch di Weltweise Geschicht" (1715) Stellung in der frühneuzeitlichen Debatte um die Rangfolge der europäischen Nationen. Ihr Gegenstand ist das Renommee der Deutschen, zumal der Gelehrten, das der anonyme Verfasser durch Negativstereotypen ebenso bedroht sieht wie durch die Franzosennachahmung nach dem Vorbild seines Hauptgegners Christian Thomasius. Die Streitschrift ist der wohl interessanteste Text aus dem Umfeld des clandestinen Philosophen und frühen Radikalaufklärers Gabriel Wagner alias Realis de Vienna. Johann Gottfried Herder hat das Werk in den "Briefen über die Humanität" abwägend diskutiert; im übrigen blieb es bis in die jüngste Zeit fast völlig unbekannt. Ton und Thema lassen den Text, den diese Ausgabe erstmals leicht zugänglich macht, für die Literaturgeschichte und für die Geschichte der Gelehrsamkeit gleichermaßen aufschlußreich werden.