Die Fotos und Berichte von Guantánamo und Abu Ghraib zeigen kein Fehlverhalten einzelner Soldaten, keine Disziplinlosigkeit, sagt Alfred McCoy in seinem neuen Buch. Sie illustrieren Standardpraktiken moderner, wissenschaftlich entwickelter Folter: 50 Jahre Folterforschung und -Praxis der USA.

Die Fotos aus dem Abu-Ghraib-Gefängnis im Irak, die Bilder und Berichte aus Guantánamo und Afghanistan demonstrieren der Öffentlichkeit: Die USA, angeblich Bollwerk der Demokratie, foltern systematisch. Denn, so zeigt Alfred McCoy, Geschichtsprofessor an der Universität Madison, Wisconsin, und Autor dieses Buches: Folter ist seit vielen Jahrzehnten staatliche Politik und Praxis der USA, von CIA und US-Streitkräften.

Die Methoden basieren auf Techniken, die seit 1950 von der CIA mit einem Aufwand von über 13 Milliarden Dollar wissenschaftlich erforscht, trainiert, praktiziert und perfektioniert wurden und werden. Nach Experimenten mit Drogen, Elektroschocks etc. wurde die moderne „berührungslose“, aber nicht weniger brutale Folter entwickelt.

McCoy nennt diese Folter „die erste wirkliche Revolution auf dem Feld der grausamen Wissenschaft seit dem 17. Jahrhundert“. Sie fand ihren Niederschlag in mehreren Folterhandbüchern. Eine dieser Folteranleitungen ist 1.000 Seiten dick.

Die jüngeren Enthüllungen lösten öffentliches Entsetzen und offizielle Gleichgültigkeit aus. Sie führten nicht zum Ende der Folter, sondern zum Outsourcing. Folter für die USA wird zunehmend von befreundeten Diensten im Ausland besorgt: „im globalen Gulag der geheimen CIA-Gefängnisse, die seit Beginn des Krieges gegen den Terror auf Anordnung der Exekutive betrieben werden“ (McCoy).

Ein halbes Jahrhundert systematischer US-Folter durch CIA und Militär hat Alfred W. McCoy in seinem neuen Buch dokumentiert. McCoy zeigt, dass die moderne Folter so routinemäßig angewendet wird, dass den Folterern oft gar nicht mehr bewusst ist, dass sie foltern.

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