Die genderbetonte Arbeit von Simone Staritz ist funktionsgeschichtlich orientiert; sie teilt das steigende kulturwissenschaftliche Interesse an der Nektion der Großthemen Geschlecht, Religion und Nation und bearbeitet ein diesbezüglich deutliches Defizit innerhalb der germanistischen Literaturwissenschaft: Haben hier doch die in der Geschichtswissenschaft schon topischen Thesen von der „frei vagierenden Religiosität“ sowie von der „Feminisierung“ der Religion und christlicher Leitwerte um 1800 (Welter/McLeod) noch keine Anwendung auf facheigene Gegenstände gefunden.
Die Kernthese lautet, dass die Kategorien Geschlecht, Religion und Nation im Zuge gesellschaftlicher und sozioökonomischer Ausdifferenzierungs¬prozesse zu inter¬diskursiv verknüpften Struktur- und Schlüsselkategorien wurden, die prägend auf die Neuorganisation säkular-religiöser, national-politischer und geschlechts¬spezifischer Lebensumstände und Identitäten seit der „Sattelzeit“ (Koselleck) wirkten.
Exemplarisch untersucht und diskutiert wird dieses Phänomen im literarischen Medium ausgesuchter Adaptionen der deutschen Genovevalegende von Friedrich Maler Müller (1775-1781), Benedikte Naubert (1792), Ludwig Tieck (1799), Ernst Raupach (1828), Friedrich Hebbel (1841/51) und Mathilde Wesendonck (1866).