Die Trennung von Religion und Staat ist ein Erbe der Aufklärungsphilosophie, und sie wurde mit der Französischen Revolution politische Wirklichkeit. Zeitgleich mit diesem Vorgang der Ausdifferenzierung wurden jedoch im Laufe des 18. Jahrhunderts in Frankreich unterschiedliche Konzeptionen der politischen Philosophie ausgearbeitet, die an einer integrativen Bestimmung dieses Verhältnisses festhalten oder es unter der Voraussetzung der Autonomie des Politischen neu zu definieren versuchen. Ihr gemeinsamer Ausgangspunkt ist Jacques-Bénigne Bossuets Formulierung der absolutistischen Staatsdoktrin, die in der katholischen Sozialapologetik fortführt und transformiert wurde und schließlich bei Louis de Bonald in der modernen Politischen Theologie mündet. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungslinie wird die Problematik des von Jean-Jacques Rousseau im Contrat social entworfenen Konzeptes der 'religion civile' entfaltet, der die sozialintegrative Funktion der Religion in einem kontraktualistisch und auf Interessenausgleich zwischen den Individuen aufgebauten Staatswesen nutzbar zu machen versucht. Der Vergleich des Rousseauschen mit dem politisch-theologischen Ansatz zeigt, dass trotz des gegensätzlichen Verständnisses, die beide vom Unterordnungsverhältnis zwischen Religion und Politik besitzen, zwischen ihnen eine Parallele besteht, insofern in beiden Religion zu einem politischen Konstrukt wird. Während sie bei Rousseau ein Element staatlicher Autonomie darstellt, funktionalisiert die Gegenrevolution sie zu einer Instanz der politischen Kritik.