Der tschechische Dichter und Übersetzer Petr Borkovec nähert sich in den Dresdner Vorlesungen seiner eigenen Poetik von ihren Kontexten her. Er spürt zunächst seinen Stammbäumen nach — dem familiären, der Welt seiner drei Großmütter in dem mittelböhmischen Ort Louovice pod Blaníkem, und dem poetischen, den im Wesentlichen russische Dichter des 20. Jahrhunderts bilden, ehe er sich den unmittelbaren Umständen seines Schreibens widmet, die von einer großen visuellen Kraft bestimmt werden. Er zeigt, wie verschiedene Gedächtnishandlungen sein Schaffen konstituieren, das getragen wird von 'dem einzigen Verlangen, die Kette nicht zu zerreißen' und 'dem Willen, […] ihr fester Bestandteil zu werden'. Dieses Streben nach privater und kultureller Kontinuität, das sich gegenseitig durchdringt, geht mit dem Bewußtsein des später Geborenen einher, daß ihm die Sprache von den früheren Generationen anvertraut worden ist, vor denen er sich nun verneigt.