Obwohl es anfangs nicht so aussieht, es ist dies die Geschichte zweier Gewinner. Für die Liebe muss allerdings das Opfer eines Lebens erbracht werden. ‘Diesseits und Jenseits’ heisst: das literarische Spiel zwischen Profanem und Transzendentem, zwischen dem Jetzt und der Geschichte, nicht zuletzt das zwischen Ost und West Gegenstand des Romans ist (nebst teils tragischen, teils grotesken Schicksalen in den politischen sowie gesellschaftlichen Verwerfungen der Zeit) die Geschichte der Freunde Hubert Flamberger, alias Jean-Louis Flamery, Marquis de Charonne, später genannt Flam und des DDR-Dramatikers Robert Iks (beide ca. Mitte 30) in den Jahren von 1985 bis 1992. Die Handlung spielt in Berlin, episodenhaft in Italien und in der fiktiven ostdeutschen Stadt Bad Schweinhall und noch in einem kleinen thüringischen Dorf. Dritte Hauptfigur ist Louise Osch, Schauspielerin in Bad Schweinhall und Roberts grosse, verlorengeglaubte Liebe. Der Roman ist nicht chronologisch aufgebaut. Er beginnt im Moment des Mauerfalls, der – durch einen unbedachten Wunsch Roberts und Flams an das ‘Höchste Wesen’ 1986 im Alkoholrausch in einer Ostberliner Kneipe geäussert – drei Jahre später ausgelöst wird, setzt sich fort bis zur denkwürdigen Italienreise Roberts und Flams 1990, während der beide mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. Anschliessend wird die Handlung zurückgeführt an ihren Beginn 1985, da sich Dr. Flamberger, Roberts Dramaturg und IM, sowie er selbst an einem düsteren Oktoberabend auf der – tragisch endenden – Autofahrt von der Hauptstadt der DDR nach der fiktiven ostdeutschen Stadt Bad Schweinhall befinden. Nach dem Unfall (Robert rettet Flamberger das Leben) liegen beide im selben Krankenzimmer. Doch Letzterer ist nach Reanimation nicht mehr der alte. Vielmehr erwacht durch ‘göttliches Versehen’ im Körper des Spitzels zu neuem Leben, Monsieur le Marquis, bürgerlich geboren erstmals 1755 im Elsass, seiner Verdienste um Frankreich und die Krone wegen später in den Adelsstand erhoben. Erst Gegner, dann Befürworter der Revolution von 1789, schliesslich Feind der neuen Macht, ist er es, der den General Buonaparte, während dessen italienischer Mission 1794 zu seiner späteren historischen Rolle inspiriert. Verrat bringt ihn auf die Guillotine. 1985 beginnt er (wegen besagtem ‘göttlichem Versehen’) sein zweites Dasein und ist als Wiedergutmachung für die erneute irdische Mühsal mit drei Wünschen täglich (Erfüllung nie gewiss) ausgestattet. Das Begreifen Flams neuer Identität fällt beiden Rekonvaleszenten schwer. Aber auch für Robert bricht im Krankenhaus ein neuer Lebensabschnitt als Freund des Wiedergeborenen und als grosse Liebe der Louise Osch an. Die wurde allerdings – durch Dr. Flambergers Kenntnis ihrer Fluchtabsichten (ob die beiden ehemals ein Verhältnis hatten, bleibt offen) – vom Stasioffizier Hartlieb Struwe auf Robert angesetzt, verweigert indessen nunmehr den Gehorsam wie der neue Flamberger auch. Während sie, vom ahnungslosen Robert schwanger, vor der Stasi Zuflucht bei ihrer Familie im Thüringischen sucht, wird Flam durch ‘göttliche’ Nachhilfe seines Spitzeldienstes ledig und kann in die Nähe seines Freundes Robert nach Berlin umziehen. Dort nimmt er bis zum Mauerfall als Spezialist für die Französische Revolution eine Tätigkeit im „Institut für kommunistische Zukunftsforschung“ auf. 1989 erleben sie aus nächster Nähe den Mauerfall, erleiden am eigenen Leibe die Verwerfungen des ‘Anschlusses’ und fahren (vorerst als Verlierer desselben) – gemäss dem Motto: die Letzten werden die Ersten sein – nach Italien. Dort begegnet Robert Johannes Münzpeter, Pförtner am Westberliner Dreisparten-Goethe-Theater, daselbst die graue Eminenz. Denn der ehemalige ZK-Mitarbeiter und Mitglied des ZK, hatte zu DDR-Zeiten ehrgeizige Ambitionen, pokerte zu hoch, fiel tief, versuchte in den Westen zu fliehen, wurde erwischt, und schliesslich als „Maulwurf“ in den Westen entlassen. Der Arm der Stasi ist lang und so zittern Politiker, Wirtschaftsbosse und Kulturmanager vor der Macht des unbekannten Pförtners. In Umkehrung der Logik lastet der seinen Abstieg Robert an, den er einstmals als Marionette in seinem Machtpoker zu missbrauchen suchte und der unwissentlich nicht mitspielte. Um späte Rache, wird er Robert einen Job am Westberliner Theater verschaffen und mit seinem neuerlichen Intrigenspiel fast Erfolg haben.
Noch ein anderer war rachebesessen. Kurz vor dem Fall der Mauer erfährt Struwe, inzwischen Oberst, dass Louise ihn gelinkt hat. In krankhaftem Hass auf diese Liebe lässt er sie in den Westen verschleppen. Von da versucht sie einen Grenzdurchbruch zurück zu ihrem Kind und wird lebensgefährlich angeschossen. Die Maueröffnung verbringt sie im Koma in einer Westberliner Klinik.
Am Ende wird fast allen Gerechtigkeit widerfahren. Der intrigante Regisseur an der Goethe-Bühne, Bartnick, wird als Agent enttarnt. Münzpeter wird endlich des Mordes am Vater in Italien überführt. Der rückratlose Generalintendant des Westberliner Goethe-Theaters Karlemann wird vom Geliebten seiner Frau verprügelt. Der betrügerische Wahrsager Dr. Oxanos Khalimanputra kommt wegen Steuerhinterziehung dran. Der Excharakterdarsteller am Ostberliner Meyerhold-Theater, Winston Kramer (Sir Winston) ehelicht die kleine Hure Pia und erhält – nach tiefster Erniedrigung – endlich eine Hauptrolle in Hollywood. Louise wird gesund und findet Robert wieder. Nur Flam muss als Opfer dargebracht werden. Er wird in einem späten Racheakt von Struwe an Roberts Stelle just in dem Moment erschossen, da er und seine Sekretärin Ornella sich endlich zu ihrer Liebe bekannten. Struwe, eine gescheiterte Figur, begeht Selbstmord. Obsiegt hat die Liebe, wenn auch unter Opfern, und nicht alle, die es verdient hätten, müssen büssen.