Es gehört zu den sozialstaatlichen Mindestansprüchen, für Bedürftige ein sozio-kulturelles Existenzminimum zu sichern; hierzulande sollen Sozialhilfe, die bedarfsorientierte Grundsicherung für Alte und dauerhaft Erwerbsunfähige und das Arbeitslosengeld II dafür sorgen. Allerdings ist fraglich, ob dieses Minimalziel überhaupt erreicht wird. Denn ein Teil der Bedürftigen nimmt zustehende Leistungen nicht in Anspruch – niemand weiß genau, wie groß dieser Anteil ist und wo die Ursachen der Nicht-Inanspruchnahme liegen. Die Dunkelziffer der Armut ist nicht unmittelbar beobachtbar; sie zu ermitteln setzt ein avanciertes Methodeninventar voraus. Genau dieser Herausforderung stellt sich diese Studie: Sie schätzt die Größe und soziodemographische Struktur des Bevölkerungsteils in »verdeckter Armut« anhand verschiedener Mikrodatenquellen ab. Mit Simulationsmodellen wird geprüft, welche Haushalte anspruchsberechtigt sind und ob sie die zustehende Leistung erhalten haben. Ausgehend von theoretischen Überlegungen und vorliegenden Untersuchungen werden schließlich Ursachen analysiert; dabei stehen subjektiv ausgerichtete Fragen an die Bevölkerung des Niedrigeinkommenssektors v.a. zu Kenntnissen des Leistungsrechts, zu Einstellungen, Wahrnehmungen und Stigmatisierungsängsten im Zentrum.