„Literatur und Theologie“ – das ist zweifellos ein ‚klassisches’ Thema auch der Geschichte der neueren deutschen Literatur. Seit jeher hat man es, wenn auch mehr oder weniger deutlich, gesehen, dass biblische Motive und theologische Konzepte auch nach dem Siegeszug der Religionskritik selbst für kirchlich nicht gebundene Autoren eine grundlegende Bedeutung behalten haben, und ist dem auf vielfältig erhellende Weise sei es einflussphilologisch, sei es stoff-, ideen-, mentalitäts- oder kulturgeschichtlich nachgegangen. Demgegenüber ist es das Schreiben als solches, auf dem der Hauptakzent in dem vorliegenden Band ruht, der die Beiträge zu einem polnisch-deutschen Kolloquium versammelt, das im Oktober 2002 in Warschau stattgefunden hat. Genauer gesagt: Im Zentrum steht das Schreiben als ein Prozess, in den die religiöse Tradition im Zuge ihrer Versetzung in das literarische Medium verwickelt wird. Das geschieht zuallererst auf die Weise, dass sie hier einerseits vor den Richterstuhl der Erfahrung gerufen und andererseits auf die Literarizität ihrer Quelle, der Heiligen Schrift, hin befragt wird. Wie auch immer herbeizitiert, über die Kontrafaktur einer biblischen Grosserzählung oder vermittels winziger versteckter Textsignale, stets stehen grundlegende theologische Konzepte zur Verhandlung an.