Als Rainer Maria Rilkes Stunden-Buch zu Weihnachten 1905 im Insel-Verlag erschien, vermochte kaum einer die immense Wirkung des Bandes zu ahnen, die schon bald die eines literarischen Zyklus weit überstieg und auch im 21. Jahrhundert ungebrochen ist. Gelesen als mystische Gottsuche oder lyrische Anbetung begründet Das Stunden-Buch Rilkes Ruhm als religiöser Dichter und poetischer Erlöser.
Zugleich offenbart der Band jenseits seiner hymnischen Töne aber eingehende ästhetische Betrachtungen, die den christlichen Gehalt der Gedichte in Frage stellen und von einer Apotheose der Dichtkunst zeugen. Das Stunden-Buch - eine Erfolgsgeschichte, aber auch eine Problemgeschichte zwischen Theologie und Ästhetik.
Die Studie fragt nach den zentralen Themen des Stunden-Buches und spürt dem Zusammenhang von religiöser Dichtung und Kunsttheorie nach. Dabei wird die Interpretation ausgewählter Gedichte durch die Einordnung des Bandes in den geistesgeschichtlichen Kontext der Jahrhundertwende abgerundet.