Gewalt an Schulen erregt immer wieder die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen die Beziehungskonzepte und Aggressionsmotivstrukturen jugendlicher Täter und Opfer. Welche Rolle spielen frühkindliche Bindungserfahrungen? Inwieweit sind die aktuellen Familienbeziehungen von Bedeutung? Aus den Grundannahmen einer Motivationstheorie werden überdies für Täter und Opfer Hypothesen zu Merkmalen des Aggressionsmotivsystems abgeleitet, die sowohl gewalttätiges als auch unterwürfiges Verhalten erklären können. Um herauszufinden, welche Verhaltensweisen für Täter und Opfer typisch sind, wurden Täter, Opfer aber auch unbeteiligte Schüler in einer bestimmten Situation beobachtet. Untersucht wurden Jungen der 5. - 8. Klasse. Zu den besonders wertvollen Befunden gehört, dass sich bei Tätern ein überproportionaler Anteil unsicher-vermeidend gebundener Schüler findet, während sich bei den Opfern ein erhöhter Anteil ambivalent klassifizierter Schüler zeigt. Im Hinblick auf die aktuellen Familienbeziehungen lassen sich darüber hinaus bedeutungsvolle Zusammenhänge zwischen dem Täter-Opfer-Status in der Schule und der Wahrnehmung der Familie in Konfliktsituationen feststellen. Die Motivationstheorie der Aggression stellt ferner eine wichtige Erweiterung in der Betrachtung der Problematik dar. In der Verhaltensbeobachtung wird offen gelegt, dass sich durch gegenläufige Verhaltenstendenzen von Tätern und Opfern (Dominanz vs. Unterwürfigkeit) ein Ungleichgewicht abzeichnet, das in Begegnungen mit unauffälligen Schülern nicht zu finden ist. Insgesamt konnten in dieser Untersuchung beachtenswerte Befunde gesichert werden, die zur Bekräftigung bestehender und Entwicklung neuer Interventions- und Präventionsmaßnahmen beitragen können.