Das in sich vielschichtige und sprachkritisch enorm brisante poetische Werk Andrea Zanzottos (geb. 1921 in Pieve di Soligo) ist im deutschsprachigen Raum erst vor wenigen Jahren auf breitere Resonanz gestossen. Nicht zuletzt das ambitiöse Unternehmen einer 9-bändigen deutschen Zanzotto-Ausgabe (Urs Engeler/Folio), das in Lyrikkreisen für einiges Aufsehen gesorgt hat, zeugt von der Nachhaltigkeit der nun einsetzenden Rezeptionsbewegung.
Von der frühen, noch ganz im Zeichen des ausklingenden Hermetismus wahrgenommenen Sammlung Dietro il paesaggio bis zur rätselhaften, mit Formen prälogischen, ja prälingualen Ausdrucks experimentierenden Gedichtreihe La beltà, von der Pseudotrilogia bis zu den Dialektgedichten reichen die übersetzerischen Vorstösse zu Zanzottos Werk: Lesarten der Sprache diskutiert und interpretiert sie im italienischen und im deutschsprachigen literaturgeschichtlichen Kontext. Anhand mehrerer Teilanalysen und auf der Basis eines, mehrere Stränge der Theorienbildung zur literarischen Übersetzung berücksichtigenden theoretischen Rundblicks, unternimmt die vorliegende Studie darüber hinaus den Versuch, sich der Poetik des zeitgenössischen Gedichts unter dem Gesichtspunkt der Gedichtübersetzung komparatistisch zu nähern. In der eingehenden Befassung mit den Paratexten, die das Übersetzungsprojekt illuminieren, soll in besonderem Masse dem Verhältnis Rechnung getragen werden, das zwischen den beiden Text-sorten besteht, wobei stets auch der Frage nachgegangen wird, in welchem Ausmass Übersetzungspraxis und poetische Praxis einander bedingen bzw. inwieweit die Übersetzung oder die Tätigkeit des Übersetzens, explizit oder implizit, lexikalisch oder in Strukturmodellen, auf das Werk des übersetzenden Autors, Peter Waterhouse, zurückwirkt. Die literarische Übersetzung wird als literarisches Genre begriffen, als eine Form der Textproduktion, an der mehr als ein Autor beteiligt ist, als literarische Haltung und Handlung, deren Tragweite im Kontext des Poesieschaffens der Empfängerkultur zu bestimmen ist.