In den sechziger Jahren, auf dem Höhepunkt seiner Macht, galt Walter Höllerer als der deutsche 'Literaturpapst'. Er hat Westberlin zur Hauptstadt der deutschen Literatur gemacht. Legendär geworden sind seine internationalen Lesereihen in der Kongreßhalle, mit denen die Literatur eine später nie wieder erreichte Rolle im öffentlichen Bewußtsein spielte.
Walter Höllerer (1922–2003) war gleichzeitig Literaturprofessor an der Technischen Universität, einer der führenden Kritiker innerhalb der Gruppe 47 und ein tonangebender Lyriker. Sein Gedichtband 'Der andere Gast' von 1952 wurde in einem Atemzug mit den Debüts von Paul Celan und Ingeborg Bachmann genannt. 1954 gründete er die Zeitschrift 'Akzente', die sofort zum wichtigsten Forum für die literarische Diskussion wurde. Literatur, Literaturwissenschaft und Literaturkritik: für Höllerer gab es zwischen diesen Bereichen keine Grenzen, und das machte ihn in vielfacher Hinsicht zum Pionier.