Mit insgesamt 15 Einzelinterpretationen zu Cervantes’ Novelas ejemplares von ausgewiesenen Spezialisten aus dem deutschsprachigen Raum führt der Band paradigmatisch in kulturelle Hauptproblematiken der spanischen Literatur der Frühen Neuzeit ein und demonstriert dabei die ganze Bandbreite an Analyseperspektiven und Methodiken, die den gegenwärtigen Stand der Literaturwissenschaft bestimmen – von der Hermeneutik über Narratologie, Diskursanalyse, Psychoanalyse und Performanztheorie bis hin zu Dekonstruktion und postcolonial studies. Gegenüber einer naiv-positivistischen Literaturgeschichte, die glauben möchte, der Zugang zu historischen Texten sei ‚einfach’ durch Rekonstruktion historischen Wissens möglich, soll damit deutlich werden, wie stark historisches Wissen von der jeweils zugrunde gelegten Forschungsperspektive beeinflusst und mitbestimmt ist und dass Methodenreflexion daher ganz unvermeidlich ist. Umgekehrt muss sich aber jede Methode auch fragen lassen, ob und wie weit sie der historischen und kulturellen Fremdheit ihres Gegenstandes gerecht zu werden vermag. Cervantes' exemplarische Novellen stellen an der Schwelle zur Frühen Neuzeit und in einer Zeit der Umbrüche gerade diese Frage nach dem „Neuen“ und damit nach dem Verhältnis „unserer“ (post)modernen Moderne zu ihrer kulturellen Vorgeschichte.