Die heute die öffentliche Meinung bestimmende Gottabwesenheit, das Desinteresse an Jesus Christus, dem Sohn Gottes und die Animosität gegen die Kirche Christi bedrückt und entmutigt viele Christen. Überraschenderweise wurde die gleiche Krise am Ende des Mittelalters von einer christlichen Elite, den Gottesfreunden, erlebt, als sie unter der Führung begnadeter Seelsorger wie Albertus Magnus, Meister Eckhart, Heinrich Seuse und Johannes Tauler die Oberflächlichkeit kollektiv festgehaltener kirchlicher Frömmigkeit durchstießen, jeder auf seine eigene einmalige und unnachahmbare Weise.

Nur wenige wissen, daß Meister Eckharts deutsche Predigten - oftmals als Gipfel der Deutschen Mystik angesehen - nur als Anhang der Taulerschen Predigtsammlungen auf die abendländische Kultur einwirkten. Es war Tauler, der die Devotio Moderna im 14. und 15. Jahrhundert formen half, der im 16. Jahrhundert sowohl die katholischen Mystiker als auch Protestanten wie Luther entscheidend beeinflußte, und der im Zeitalter des Pietismus eine Renaissance erlebte und noch für Goethe zur Pflichtlektüre der christlich Gebildeten gezählt, also fast ein halbes Jahrtausend das europäische Geistesleben wie auch das Glaubensleben der Gebildeten mitbestimmt hat.

In der derzeitigen Epoche des Glaubensdunkels und der Gottesfinsternis gibt sein geistliches Programm eine Art der Orientierung, die sowohl auf Bibel und bewährter christlicher Tradition aufbaut, wie die Hohlheit des modernen gottlosen Humanismus von dessen Wurzel her bloßlegt und die einzig legitime Verwurzelung der menschlichen Freiheit lehren kann.