Seit Mitte der neunziger Jahre werden zahlreiche regionale Konflikte, die nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa und Afrika aufflammten, als ethnische Konflikte interpretiert. Auch die blutigen Auseinandersetzungen in der Demokratischen Republik Kongo entbehren nicht einer ethnischen Komponente, welche vor allem in den Rivalitäten zwischen Ruandern und "Autochthonen" im Osten des Landes zu sehen ist.
Diese Studie liefert erstmals einen Überblick über die Geschichte ethnischer Identitätsbildung in der Kivuregion im Ostkongo. Von den Anfängen der mündlich überlieferten Tradition im 16. und 17. Jahrhundert wird die Geschichte der politischen und ethnischen Gemeinwesen über die koloniale Epoche, die Zeit der Dekolonisation und die Ära Mobutu bis in die Gegenwart verfolgt. Einschneidende historische Ereignisse einerseits und bemerkenswerte Kontinuitäten andererseits prägen gleichermaßen die Geschichte einer Region, deren Entwicklung sich nicht mit Begriffen wie "Barbarei" oder "Imperialismus" fassen lässt