„Women have served all these centuries as looking-glasses possessing the magic and delicious power of reflecting the figure of man at twice its natural size“ schrieb Virginia Woolf 1928 in "A room of one’s own". Nicht nur das von Virginia Woolf hier zitierte Motiv des Weiblichen als männliche Schöpfung ist in Ester Salettas Buch untersucht, sondern auch das historisch-soziale Motiv der weiblichen Emanzipation im Wien der Ersten Republik. Der spielerische Walzer von kindischen und naiven sowie auch von verführerischen und faszinierenden männlichen Frauenbildern, die die österreichische Literatur der Zwischenkriegszeit bevölkert haben, steht der Selbstbehauptung von emanzipierten und modernen sowie auch tief in der Öffentlichkeit engagierten Frauen gegenüber. Durch die detaillierte Beschreibung der wichtigen Ereignisse, die zum Verfall der Habsburgermonarchie einerseits und zur Ausrufung der ersten österreichischen Republik andererseits geführt haben, stellt dieses Buch das „doppelte Leben“ der Frau dar. Alltägliche weibliche Anstrengungen für die Anerkennung einer selbstständigen Position in einer noch stark geprägten patriarchalischen Gesellschaft finden aber keinen Raum in den Werken von Arthur Schnitzler, Robert Musil oder Franz Werfel. Anders erscheint hingegen Gina Kaus’ Konzept der Männlichkeit, die nicht imaginiert, sondern in ihrer vergangenen und gegenwärtigen Konkretheit dargestellt wird. Die komparatistische wissenschaftliche Untersuchung der italienischen Germanistin lässt verstehen, wie die Werke von männlichen und weiblichen Autoren und Autorinnen der österreichischen Literatur der 20er und 30er auch von einer geschlechtsspezifischen Komponente konnotiert sein können.