Als Symbol für die Großstadt machte sie in den 1920er Jahren Furore: Die »Garçonne« stand für ein neues Lebensgefühl. Sie prägte nicht nur einen neuen Kleidungsstil, sondern galt auch als Metapher für den befreiten Geist.

Ob Paris oder Berlin - die Großstadt der zwanziger Jahre gilt als Inbegriff einer in Bewegung geratenen Gesellschaftsordnung. Ihr Symbol ist weiblich: Die Garçonne ist zugleich ein Kleidungsstil und ein Lebensgefühl, ein Kristallisationspunkt von Ängsten und Hoffnungen. Sie spiegelt die Verschiebung der Geschlechtergrenzen wider, zwischen denen die moderne Frau, aber auch Künstler und Künstlerinnen der Moderne sich neue Spielräume erobern. Selten war man sich der Mode und ihrer Bedeutung als Zeichensystem so deutlich bewußt. Dabei ist die Kleidung sowohl eine konkrete körperliche Erfahrung als auch eine Metapher für den befreiten Geist. Sie steht für eine intime Verbindung von Alltag und Kunst, von Existenz und Philosophie, von Freiheit und Notwendigkeit. Die Mode ist somit Ausdruck neuer Vorstellungen und Möglichkeiten, die sie zugleich einfordert. Die Themenschwerpunkte in diesem Band reichen von Mode und Alltagskultur über Modezeichnung, Modephotographie und Modezeitschriften bis hin zur Mode in Kunst und Literatur.

Inhalt:
Stephanie Bung/Margarete Zimmermann: Von Paris nach Berlin. Victor Marguerittes La Garçonne und die Folgen
Christine Mani: Jeanne Mammen - Eine Berlinerin aus Paris. Von der Modezeichnerin zur neusachlichen Großstadtchronistin
Burcu Dogramaci: »Frauen, die ihr Geld selbst verdienen« - Lieselotte Friedlaender, der Moden-Spiegel und das Bild der großstädtischen Frau
Cécile Godefroy: Pratique simultanée: la photographie de mode dans l’œuvre de Sonia Delaunay
Julia Bertschik: »Das Paradies der Frau. Zum Genre des Konfektionsromans in der Weimarer Republik
Giovanna Zapperi: Rrose Sélav, Man Ray, et la garçonne
Adelheid Rasche: Der männliche Blick - das Bild der Neuen Frau in Männerzeitschriften
Cécile Berthier: Quand les garçonnes voyagent ...
Vanessa Loewel: Chapeau-melon und fume-cigarette - Mode und Accessoires in der Literatur der zwanziger Jahre
Stephanie Bung: Le catholicisme et les robes: Geist und (textile) Materie im Tagebuch der Catherine Pozzi
Julia Drost: Kees van Dongens Garçonne. Illustration oder Interpretation von Victor Marguerittes Skandalroman?
Stephanie Bung/Margarete Zimmermann: Drei Übersetzungen und eine Parodie: die deutsche Garçonne

Zum Jahrbuch für Frauenforschung:
Das Jahrbuch für Frauenforschung Querelles steht in der Tradition der europäischen Frauen- und Geschlechtergeschichte. Querelles stellt einen Ort der Streitkultur im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung dar und ermöglicht den intellektuellen Austausch zwischen den Geschlechtern. Bewußt wird mit Querelles an die Tradition der Aufklärung angeknüpft, die als ein über die Epochengrenzen weit hinausweisender, unabgeschlossener Prozeß begriffen wird. Querelles wird in Verbindung mit der Edition »Ergebnisse der Frauenforschung an der Freien Universität Berlin« herausgegeben und stellt eine Ergänzung zu den in dieser interdisziplinären Reihe versammelten monographischen Arbeiten dar. 1996 erhielt das Jahrbuch Querelles den Margherita-von-Brentano-Preis an der FU Berlin.
Querelles erscheint seit 2003 im Wallstein Verlag.

Weitere Informationen unter: »www.fu-berlin.de/zefrauen/publikationen/querelles_jahrbuch/index.html«