Kein Buch hat die Rezeption des römischen Rechts in Europa so beeinflusst wie die sog. Glossa ordinaria. Als deren Autor gilt der im 13. Jh. in Bologna tätige Rechtslehrer Accursius. Dessen Leistung wird gesehen in der kompilatorischen Verarbeitung der seit dem 11. Jh. den Quellen des römischen Rechts hinzugefügten Glossen zu einer Magna Glossa. Über die Qualität der Arbeit des Accursius ein fundiertes Urteil zu fällen, ist die Absicht dieser Untersuchung. Sie betrifft mit dem Digestum vetus eines der beiden Hauptfächer der Rechtslehre des Mittelalters. Ihr Resultat ist, dass Accursius nur der Bearbeiter eines älteren, von Azo verfassten Buches ist, das unvollendet geblieben war. Durch die Ermittlung der Stufen in der Entstehung des Textes wird sichtbar, was die Arbeit des Accursius wirklich gewesen ist, wie in ihr der Kommentar sich formal verändert, von dem antiken Text abzusetzen beginnt. Die Untersuchung leistet so einen Beitrag zur Geschichte der juristischen Literatur im Mittelalter und bringt die Kenntnis der Handschriften des Digestum vetus ein Stück voran.