Ralph Waldo Emerson (1803–82) gilt als einer der größten amerikanischen Literaten und Philosophen. Erstmals in deutscher Sprache wird hier sein gesamtes Prosawerk (inklusive der erst jüngst edierten Later Lectures) umfassend untersucht. In einer kritischen Neulektüre der Predigten, Vorlesungen und Essays wird die denkerische Entwicklung Emersons gedeutet unter dem Gesichtspunkt dessen anhaltender Auseinandersetzung mit dem für die Romantik so zentralen Problem der Mittelbarkeit bzw. der kulturellen Vermitteltheit möglicher Formen individueller Erfahrung – insbesondere auch der religiösen –, der Weltdeutung und des Selbstausdrucks. Nachgezeichnet wird diese Auseinandersetzung anhand Emersons wiederholter theoretischer Umdeutungen des Prinzips der Nachahmung normativer Modelle als zentralem Mechanismus der kulturellen Vermittlung oder Traditionsbildung, der sozialpraktischen wie religiösen Orientierung und nicht zuletzt auch als Verfahren der Literaturproduktion. Dabei wird stets auch nach der Übersetzung dieser wechselnden Interpretationen des imitatio-Prinzips in die (inter-)textuelle Praxis Emersons gefragt.