Zahllose Soldaten aller kriegführenden Mächte gerieten im Ersten Weltkrieg in Kriegsgefangenschaft. Allein in den Lagern des Deutschen Reichs befanden sich schließlich über zwei Millionen Kriegsgefangene unterschiedlicher Nationalität.Die Studie von Uta Hinz nimmt sich dieses wissenschaftlich bislang nur wenig beachteten Massenphänomens an, wobei sie sich auf teilweise unbekannte Quellen stützt. Sie rekonstruiert den Kriegsalltag der Gefangenen und beschreibt die politischen, ökonomischen und kulturellen Dimensionen eines gewaltigen Lagersystems, das sich in Deutschland seit 1914 gleichsam aus dem Nichts entwickelte. Bis zum Ersten Weltkrieg war Kriegsgefangenschaft kein kriegsrelevanter Bereich gewesen. Durch Politik und Propaganda, Kriegsnot und neu definierte Kriegsnotwendigkeiten geriet die Behandlung des gefangenen Kriegsgegners schließlich immer stärker in den Sog einer radikalisierten Kriegsführung. Die Mobilisierung aller gesellschaftlichen Ressourcen, eine damit verbundene Ausdehnung des Kriegsbegriffs über den militärischen Bereich hinaus, erfaßte auch die Organisation der Kriegsgefangenschaft. Traditionelle militärische Vorstellungen lösten sich auf, der kriegsgefangene Feind wurde mehr und mehr zum menschlichen Kriegsmaterial degradiert. Die Geschichte der Kriegsgefangenschaft in Deutschland 1914-1918 erweist sich somit als wesentliche Etappe auf dem Weg zum totalen Krieg im 20. Jahrhundert.