Christian Gudehus betritt mit seiner Analyse der Erzählungen über NS-Verbrechen bei Führungen in Gedenkstätten Neuland. Analysen von Vermittlungsangeboten der politischen Bildung im Allgemeinen und der holocaust-education im Besonderen sind nämlich erstaunlich rar. Gudehus stützt sich auf 16 aufgezeichnete Gedenkstättenführungen in Neuengamme, Ravensbrück, Dachau und dem Haus der Wannsee-Konferenz und zeichnet ein interessantes und teilweise überraschendes Bild von dem, was im Rahmen solcher Führungen vermittelt wird.
Im Vordergrund der Vermittlungsbemühungen steht, so das Ergebnis des Buches, eher die Erzeugung von Betroffenheit als die historische Information. Das wirft erhebliche Fragen an die Gedenkstättenpädagogik auf. Insgesamt trägt das Buch zur Strukturierung und zur weiteren empirischen Erschliessung von Bereichen der Tradierungsforschung und besonders zur weitgehend brachliegenden Evaluation von Vermittlungsangeboten politischer Bildung bei. Das Buch konfrontiert die Erziehungswissenschaften mit ihren Folgen und gibt Anregungen, die Vermittlungsarbeit zu verbessern, indem die Vermittlungsformen und auch die Aneignungsformen der Adressaten untersucht werden.