Der Erste Weltkrieg war ein tiefer Einschnitt im Leben und Selbstverständnis des englischen Philosophen Bertrand Russell (1872-1970). Er war schockiert über die um sich greifende nationalistische Massenhysterie, die Orgie des Hasses - und über den 'Verrat der Intellektuellen', die in England, wie in den anderen kriegführenden Ländern, zu Wortführern der Kriegspropaganda wurden. Unermüdlich protestierte er in Artikeln und Vorträgen gegen den Krieg und engagierte sich in der Organisation der englischen Kriegsgegner und -gegnerinnen. Er verlor daraufhin sein Lehramt und erhielt Anfang 1918 eine mehrmonatige Gefängnisstrafe. In drei für sein politisches Denken grundlegenden Schriften skizzierte er seine Ideen einer Systemveränderung im freiheitlich-sozialistischen Sinne: Ein radikales Umdenken über Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Erziehung erschien ihm notwendig, wenn die Katastrophe sich nicht wiederholen sollte. Viele der von Russell in den Weltkriegsschriften angesprochenen Probleme sind nach wie vor aktuell. Achim von Borries, Herausgeber mehrerer Schriften Bertrand Russells in deutscher Übersetzung, stellt in drei Hauptabschnitten 'Protest', 'Widerstand' und 'Neues Denken' des englischen Philosophen im Ersten Weltkrieg dar.