Manchmal scheint es, als ob die mit enormer Geschwindigkeit vonstatten gehende Entwicklung neuer Medien Vertrautes wie das Radio oder die klassische Fotografie ins Abseits gestellt habe. Oder leben die alten Medien in den neuen Apparaturen weiter, pflanzen sich durch sie gewissermaßen nur fort? Werden sie also gar nicht aufgesaugt und zum bloßen Funktionsmittel degradiert, wie mancher befürchtet?

Angélique Bolter und Peter Rummel fragen sich in ihrem innovativen Werk, welche Perspektiven sich an diesem Punkt der Entwicklung für die Fotografie ergeben. Dabei verknüpfen sie medientheoretische, kunsthistorische und ästhetische Betrachtungsweisen. Wenn das veränderte Verhältnis von Fotografie zu Malerei und „neuen Medien“ akzeptiert statt bloß beklagt wird, wie lässt sich das Spektrum der künstlerischen Fotografie gerade dadurch erweitern?.tif versucht markante Entwicklungsstränge zu markieren und zu analysieren.

Die zentralen Untersuchungsaspekte - Remediation, Synästhesie und Mutation - werden anhand von ausgesuchten Beispielen zeitgenössischer Fotokunst veranschaulicht, u.a. die Positionen von Cindy Sherman, John Hillard, Thomas Ruff, Mariko Mori. Wechselwirkungen zwischen den konzeptionellen Anliegen der Künstler und gesellschaftlichen, kulturellen und technischen Verschiebungen sowie sich wandelnde Rezeptionsverhältnisse werden deutlich; tatsächlich scheint die Fotokunst durch das Aufkommen der neuen Medien eher belebt worden zu sein. Ist es denkbar, dass sie an diesem Punkt in ähnlicher Weise befreit wird wie einst die Malerei infolge des Aufkommens der Fotografie?