Thomas Manns frühe Romane sind wesentlich komplexer als bislang von der Forschung wahrgenommen. Nicht erst in „Zauberberg“ und „Dr. Faustus“, sondern bereits in „Buddenbrooks“ und „Königliche Hoheit“ ist eine differenzierte Auseinandersetzung mit zentralen Mythen der europäischen Literatur („Faust“ und „Parzival“) nachzuweisen. Diese Ebene ist in den ersten beiden Romanen besonders kunstvoll verdeckt und nur unter ,doppelter Optik‘ erkennbar. Die Verbindung der ,Kunst der Interpretation‘ (Emil Staiger) mit dem ,Palimpseste‘-Konzept (Gerard Genette) ermöglicht es, Thomas Manns ,verschlüsselte Schlüsselromane‘ (Herbert Anton) neu zu lesen