Vor dem Hintergrund vielfach postulierter Krisen von Subjekt-, Autor- und Identitätskonzeptionen lässt sich in der zeitgenössischen englischsprachigen Erzählliteratur ein wiedererwachtes Interesse an Biographie und Identitätsdarstellungen nachweisen. Fiktionale Metabiographien, die sich mit den Konventionen der nicht-fiktionalen Biographie beschäftigen, sind paradigmatische Vertreter einer solchen selbstreflexiven, kritischen Auseinandersetzung mit biographischen Fragestellungen. Ausgehend von einer zunehmenden ‚Metaisierung‘ der Literatur sowie dem Entstehen neuer Metagattungen entwickelt die Studie erstmalig ein differenziertes Beschreibungs- und Analysemodell für die Gattung der fiktionalen Metabiographie. Das Modell beruht auf sowohl kulturwissenschaftlichen als auch kognitiv-narratologischen Ansätzen und geht von der Prämisse aus, dass es sich bei literarischen Gattungen um rezeptionslenkende und Erwartungshaltungen generierende Konstrukte handelt. Die Studie postuliert daher ein neues Paradigma in den Literatur- und Kulturwissenschaften, das eines ‚generic turn‘. An sechs ausführlichen Interpretationen ausgewählter Romane sowohl bekannter Autorinnen und Autoren (W. Golding, B. Unsworth, A.S. Byatt) als auch bislang weniger etablierter Romanciers (S. Millhauser, A. Lurie, C. Shields) wird die thematische und formale Bandbreite der Inszenierungen metabiographischer Gattungskritik demonstriert. Indem dargestellt wird, auf welche Weise die Romane grundlegende epistemologische und ontologische Fragen, die für die Literatur der Postmoderne typisch sind, mit einer gattungsspezifischen poetologischen Perspektive korrelieren, leistet die vorliegende Studie einen genuinen Beitrag zur zeitgenössischen Literatur- und Kulturtheorie.