Gerhard Schoenberner, Freund und Wegbegleiter des Schriftstellers und Publizisten Joseph Wulf (1912-1974), stellt dessen Leben und Wirken dar: Geboren in Chemnitz, aufgewachsen in Krakau, deportiert nach Auschitz, begraben in Tel Aviv, vollbrachte er sein Lebenswerk in Berlin. Er, "ein Jude aus Galizien", wie er sich selbst ironisch titulierte, Partisan und Überlebender von Auschwitz, leistete in den ersten Nachkriegs-Jahrzehnten einen entscheidenden Beitrag zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik. Zu einer Zeit, als die westdeutsche Geschichtswissenschaft eine Bearbeitung des Themas noch scheute, wurde er zu einem Dokumentaristen dieses Zeitabschnitts. In neun grossen Bänden von über 4500 Seiten veröffentlichte er als Erster amtliche Akten und interne Korrespondenzen, Zeugnisse der Verfolgten und Zitate aus Publikationen des Dritten Reiches. Wulfs Initiative, dem berüchtigten Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin eine Funktion zu geben, die seiner historischen Rolle entspricht, scheiterte zu seiner Zeit, entfaltete aber Langzeit-Wirkung. Zum 50. Jahrestag der Konferenz, am 20 Januar 1992, wurde das Gebäude als Gedenk- und Bildungsstätte der Öffentlichkeit übergeben.