Victor Kraft wird -- wenn überhaupt -- vornehmlich als'Historiker des Wiener Kreises und als Verfasser von Schriften zur praktischen Philosophie wahrgenommen. Krafts nahezu vergessene Erkenntnistheorie ist durch seinen Realismus geprägt; als Wissenschaftstheoretiker
entwickelt er vor Popper einen hypothetisch-deduktiven Ansatz.

In dieser Studie wird erstmals der Versuch unternommen, die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie Victor Krafts
historisch einzuordnen. Dabei wird Krafts Verhältnis zu Karl Popper und anderen Kritischen Rationalisten ebenso beleuchtet, wie das zu Paul Feyerabend und Friedrich Jodl. Ferner wird Krafts Interpretation des Marburger und des Badischen Neukantianismus untersucht. Neben diesen philosophiegeschichtlichen Verweisen werden aber
auch inhaltliche Probleme der Position Krafts
thematisiert. Insbesondere die Rolle von Festsetzungen und Konventionen und die darin implizierten empirischen Grundannahmen stehen dabei im Vordergrund.