Die Geschichte der modernen Sprachwissenschaft wird von ihrer Gründerfigur Ferdinand de Saussure beherrscht. Der unter seinem Autornamen veröffentlichte Cours de Linguistique Générale gilt als Programmschrift des Strukturalismus und ist einer der in Linguistik und Kulturwissenschaften am meisten zitierten Texte der letzten Jahrzehnte. Ludwig Jägers Einführung legt hinter diesem allzu gegenwärtigen de Saussure einen weithin unbekannten Autor gleichen Namens frei, dessen theoretische Interessen im Bereich der Sprach- und Zeichentheorie sich aus den Laborerfahrungen eines brillanten komparatistischen Linguisten am Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten. Dieser aus den Quellen rekonstruierbare Saussure tritt mit seinem strukturalistischen Alter Ego in einen Dialog und wird im Horizont zeitgenössischer Diskurse situiert.