Seit der Öffnung der ostdeutschen Archive in Folge der deutschen Einheit 1990 hat sich die französische Forschung über die DDR und die neuen Bundesländer dynamisch entwickelt. Dies ist bisher wegen des Übersetzungsproblems in Deutschland aber nur begrenzt wahrgenommen worden. Nunmehr liegt ein Band auf Deutsch vor, in dem Autoren in einem interdisziplinären und internationalen Rahmen jüngste Forschungsergebnisse diskutieren.
Die französische DDR- und Transformationsforschung ist gekennzeichnet durch einen eigenen methodischen Ansatz, der sich auf die individuellen und kollektiven Akteure, ihre Praktiken, ihre Erfahrungen und ihre Lebenswelt konzentriert, um die Prozesse und Strukturen der DDR-Gesellschaft zu rekonstruieren. Im Gegensatz zur klassischen Transformationsforschung werden die heutigen Spuren der Vergangenheit in einer historischen Perspektive (path dependency) untersucht. Dieser sozio-politische Ansatz (socio-histoire) erlaubt es, die ostdeutsche Gesellschaft in ihrer Geschichte und Gegenwart zu 'entnationalisieren' und sie in einem breiten europäischen Rahmen zu erforschen.