Internetsucht bzw. korrekterweise pathologische Internetnutzung wurde ursprünglich als eine durch das Medium selbst verursachte Abhängigkeit bei zunächst „gesunden“ Menschen gesehen. Im Laufe der Zeit hat die Forschung dann Persönlichkeitsmerkmale - z. B. Impulsivität - in den Fokus genommen, die zu einer pathologischen Internetnutzung führen könnten, und bereits vorhandene psychische Beeinträchtigungen oder Störungen in Betracht gezogen.
Die bisherigen Forschungsergebnisse ermöglichen eine Einteilung des Phänomens der pathologischen Internetnutzung. Auf der einen Seite steht - besonders bei Jugendlichen - ein zwar exzessives Verhalten, das aber zeitlich begrenzt ist und insofern als normal gelten kann. Auf der anderen Seite steht ein pathologisches Verhalten mit suchtähnlichem Charakter, das in Zusammenhang mit subklinischen depressiven Verstimmungen und mit einem Gefühl der Einsamkeit oder mit psychischen Störungen steht oder stehen kann. Die Pilotstudie untersucht, wie häufig die Diagnose einer psychischen Störung bei Personen mit pathologischer Internetnutzung auftritt. Im deutschsprachigen Raum ist dies der erste Versuch, diese Frage zu klären. Bislang liegen hierzu nur zwei amerikanische Untersuchungen aus den Jahren 1999 und 2000 vor.
Untersucht wurden 61 Personen, die sich entweder in der „Münchner Ambulanz für Internet-Abhängige“ gemeldet hatten oder über Aushänge rekrutiert werden konnten. Die Gruppe der pathologischen Nutzer erfüllten mindestens fünf der sechs erforderlichen Kriterien. Bei den nicht-pathologischen Internetnutzern der Vergleichsgruppe trafen höchstens zwei dieser sechs Kriterien zu.
Anders als bei den meisten Untersuchungen auf dem Gebiet der pathologischen Internetnutzung, wurden die Befragung und Testung nicht online durchgeführt, sondern persönlich und mit einem standardisierten computergestützten Diagnostik-Instrument (Munich Composite International Diagnostic Interview von Wittchen und Pfister).
Als zentrales Ergebnis stellt die Studie einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Probandengruppen fest: Unter den pathologischen Internetnutzern wurde bei 27 von 30 Personen eine psychische Störung diagnostiziert, in der 31-köpfigen Vergleichsgruppe der nicht-pathologischen Nutzer war dies nur bei 7 Personen der Fall. Charakteristisch für die Gruppe der pathologischen Nutzer ist zudem eine Bevorzugung der Kommunikationsangebote (Chatten) im Internet.