Was macht Mythen für Erinnerungskulturen attraktiv? Wie lässt sich ‚das Mythische‘ und dessen Anpassungsfähigkeit als Erfolgskonzept beschreiben? Mythosaktualisierungen betreffen nicht nur mythische Inhalte, sondern auch ganz wesentlich die Medien mythisierenden Erinnerns sowie den Status dieses Erinnerungsmodus – z.B. im Verhältnis zu Geschichte oder individueller Erfahrung. Mythen existieren nicht an sich und können auch nicht in einer wie auch immer zu denkenden ‚Reinform‘ erinnert werden. Sie sind nicht nur Objekte des kulturellen Gedächtnisses, sondern als spezifische Verfahren der Erinnerung mit ihrer medialen Erscheinungsweise derart verschmolzen, dass Tradierung und Generierung performativ im Erinnerungsvollzug ineinander greifen. Dieses Simultan von Weitergabe und Stiftung von Erinnerung zeigt der vorliegende Band aus literatur- und medienwissenschaftlicher, kommunikationswissenschaftlicher, politologischer und geschichtswissenschaftlicher Perspektive auf. Dabei geht es programmatisch nicht nur um Mythen, deren Ursprung in der Antike liegt, sondern auch um solche rezenterer Entstehungskontexte – um auf diese Weise zu vermeiden, Mythosaktualisierungen auf eine rein inhaltliche Ebene zu reduzieren und eine bis heute produktive Erinnerungsform auf einen exklusiven Entstehungszeitraum ‚echter Mythen‘ zu verweisen.