Die vorherrschende Gegenüberstellung einer anti-zionistischen Ultra-Orthodoxie und eines messianischen Siedlerfundamentalismus als Antipoden des jüdischen Fundamentalismus treffen nicht mehr die heutige Realität in Israel. Beide Strömungen haben sich einander angenähert. Sie teilen die neo-zionistische Vision einer ethnisch-religiösen Theokratie als bestes Mittel, um den inneren und äußeren Probleme Israels zu begegnen. In einer Zeit innerer Polarisierung und äußerer Spannung, gar kriegerischer Auseinandersetzung, bieten sie ihre Ideologie als Ausweg an. Um zu einem Verständnis dieser Dynamik des Fundamentalismus zu kommen, reicht es nicht aus, die Ideologie zu betrachten und zu vergleichen. Erst die politisch-kulturelle Kontextualisierung und Situierung sowie die Einbeziehung der strukturellen Voraussetzungen für die Mobilisierung in den jeweiligen historischen Traditionen, sozio-ökonomischen Strukturen und politischen Institutionen trägt zu einem Verständnis der Entstehung, Funktions- und Wirkungsweise des Fundamentalismus bei.