Der englische Gelehrte Michael Maittaire (1668-1747) war von 1695-99 Lehrer an der Westminster School in London. In dieser Zeit verfasste er drei lateinische Tragödien ("Der Untergang Trojas", "Dido" und "Die Reise in die Unterwelt"), vermutlich zum Zweck der Aufführung durch seine Schüler. Das von Maittaire selbst geschriebene, vielfach Spuren der Bearbeitung tragende 'Regieexemplar', mit dem in der Hand er vermutlich die Proben leitete, hat sich im Nachlass Maittaires erhalten und gelangte nach dem Tod des Autors in den Besitz der Oxforder Bodleian Library, wo es erst kürzlich wieder entdeckt wurde. Eine ausführliche Einleitung informiert über den Autor, die Entstehungsgeschichte sowie vor allem über Struktur und Inhalt der drei Tragödien, die stofflich der Aeneis Vergils entstammen. Der Text wurde nach den Methoden der Klassischen bzw. Neulateinischen Philologie kritisch ediert, d.h. es wurde kein diplomatischer Abdruck der Handschrift vorgenommen, sondern die vom Autor intendierte Textgestalt rekonstruiert. Alle Varianten, Verbesserungen, Ergänzungen etc. des Autors sind im textkritischen Apparat dokumentiert. Beigegeben ist ein Anhang, in dem alle bisher bekannten lateinischen Bühnenbearbeitungen der Aeneis aufgelistet und besprochen sind. Dadurch ist es möglich, die drei Tragödien Maittaires in die Geschichte der Aeneisdramatisierungen einzuordnen und zu beurteilen; darüber hinaus wird so ein Stück Theatergeschichte dokumentiert, das bisher völlig unerschlossen war.