Der Künstler Alfred Nungesser (1903–1983) hat eine bislang weitgehend unentdeckte und unpublizierte Seite: Im Jahr 1930 fertigte er in Berlin rund 100 Collagen aus Illustrierten, die einzigartige zivilisationskritische Dokumente zum Leben in der industrialisierten Großstadt bilden. Der Künstler türmt Versatzstücke zu gigantischen Aufbauten, in denen Übermacht und Magie der Großstadt zum Himmel wachsen. Personengruppen werden nach geometrischen Formen angeordnet, womit Nungesser die Auswirkungen industrieller Strukturen auf Leben und Rhythmus der Menschen thematisiert. Er entlarvt die politische Propaganda, die die Bevölkerung zur gleichgeschalteten Masse macht.
Nungessers perfekt collagierte Panoramen entfalten hintersinnige Kommentare auf die Metaphern der Metropole. Stilistisch sind die Arbeiten eine Mischung aus den avantgardistischen Strömungen der damaligen Zeit: Sie vereinigen Expressionismus und Surrealismus, dadaistische Elemente sowie Neue Sachlichkeit.