Die Medizin als männlich semantisiertes Machtfeld fungiert nicht selten als Agentin der Geschlechterordnung. Sie verhandelt mehr als nur Therapien für kranke Menschen, sondern stellt auch Normen her, die "männlich" von "weiblich" und "normal" von "patholgisch" abgrenzen, wobei das Krankhafte und Labile stets dem Weiblichen zugeschrieben wird. Wie sehr die Medizin dabei zur Natualisierung von Machtstrukturen beiträgt, analysiert Irmtraud Hnilica anhand der medizinischen Diskurse der Moderne. Nicht nur aus literaturwissenschaftlicher, sondern auch aus einer soziologische Perspektive wird untersucht, wie Autoren des 20. Jahrhunderts die Deutungsmacht der Medizin und die Zusammenhänge zwischen "machtvoller Männlichkeit" und "ohnmächtiger Weiblichkeit" anhand der Arztfiguren in ihren Romanen konstruieren. Illustriert werden diese Überlegungen an Beispielen aus verschiedenen Werken von Autoren wie Thomas Mann und Arthur Schnitzler. Im Zentrum dieses Werkes steht mit Ernst Weiß jedoch ein bislang wenig rezipierter österreichischer Autor. Die ausführlich entlang seines Werkes "Georg Letham. Arzt und Mörder" dargestellten Verbindungen zwischen Medizin und Männlichkeit leisten daher einen wesentlichen Forschungsbeitrag in der Literaturwissenschaft.