Wenn gegenwärtig von „amerikanischen Zuständen“ die Rede ist, scheint jeder auch ohne kontextuellen Zusammenhang zu wissen, dass es sich dabei um die Situation von Gewalt an deutschen Schulen handelt. Die aktuelle öffentliche Diskussion ist geprägt von alarmierenden Vorfällen, die sich neuerdings nicht mehr nur an besagten amerikanischen, sondern auch an deutschen Schulen ereignen. Das Anliegen dieses Buches besteht darin, a) eine auf empirischen Daten fundierte Darstellung des Gewaltproblems zu erreichen, b) Mediation und Gewaltfreie Kommunikation als zwei mögliche Interventions- und Präventionsmodelle vorzustellen, c) Sozialität und Konflikthaftigkeit derselben aus evangelisch-theologischer Perspektive zu erhellen, um dann d) den Religionsunterricht als den richtigen Ort für das Erlernen und Einüben der Methoden aufzuzeigen.

Anhand zweier Studien zur aktuellen Situation der Gewalt an deutschen Schulen wird der Versuch unternommen, das Problem der Gewalt an Schulen und die Ausprägung aufzuzeigen. Es wird deutlich, dass es sich bei deutschen Schülern nicht um bewaffnete und kriminelle Täter handelt. Dennoch weisen sie auf die Beunruhigung und Hilflosigkeit von Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern hin, wenn es zu Konflikten kommt. Als mögliche Maßnahmen, die dem Problem der Gewalt an Schulen zu einer Verbesserung der Verhältnisse entgegengesetzt werden können, werden Mediation und Gewaltfreie Kommunikation vorgeschlagen. Die Theorien beider werden erläutert und insbesondere im Hinblick auf ihre Umsetzung in der Schule vorgestellt.

Die Frage nach der Eignung dieser Interventions- und Präventionsmaßnahmen wird anhand theologischer Erkenntnisse beantwortet. Der Berührungspunkt zwischen Gewaltfreier Kommunikation und evangelischer Theologie liegt in der Grundannahme, dass der Mensch bei jeder Entscheidung die für ihn richtig erscheinende Variante wählt. Die fundamentaltheologischen Ausführungen verhelfen den Theorien der Gewaltfreien Kommunikation und auch der Mediation insofern zu genaueren Kenntnissen, als dass sie die Überlegungen bis zu dieser Ansicht begleiten, sie aber über diesen Punkt hinaus weiterführen. Mediation und Gewaltfreie Kommunikation gehen von einer Bedürfnisorientierung aus, nehmen jedoch nicht das Zustandekommen dieser Bedürfnisse in den Blick. Hier bedürfen beide Modelle weiterer Überlegungen, um diese Annahme zu vervollständigen. Die theologische Fragestellung erweitert den Horizont, indem sie auch das Zustandekommen der Daseinsgewissheit heranzieht, also wie der Mensch zu seinen Bedürfnissen, bzw. seinen handlungsstiftenden Gewissheiten gelangt. Dadurch erschließt der theologische Blickwinkel für die Theorien der Modelle der Mediation und Gewaltfreien Kommunikation Ebenen, die außerhalb ihrer Betrachtung liegen, sie aber fruchtbar in ihrem Selbstverständnis fortzuführen vermögen.