Das 'Genießen Gottes' war eine religiöse Übung von Mystikerinnen und Mystikern des Mittelalters. Sie suchten z.B. Gott durch die Lektüre heiliger Texte in einem imaginären Brautgemach auf oder ließen seine Musik durch ihre Körper fließen. Inwiefern es bei solchen erotisch konnotierten Vereinigungen mit Gott zu Unterschieden zwischen einem weiblichen und einem männlichen codierten 'Genießen Gottes' gekommen ist, steht im Zentrum des Vergleichs zwischen Bernhard von Clairvaux (1090-1153) und Hildegard von Bingen (1098-1179). Ausschlaggebend war für beide, wie sie sich auf die Medialität ihrer eigenen Funktion als Vermittelnde und auf die von Text, Bild und Musik bezogen haben.