W.G. Sebalds Texte rekonstruieren individuelle und kollektive Trauerlaufbahnen und stellen sich damit dem Problem der Erzählbarkeit jener Risse und Lücken, die das Leben hinterläßt. Die vorliegende Studie, die auf eine Vorlesung an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Wintersemester 2003/04 zurückgeht, fragt nach Sebalds narrativen Strategien, nach den Mitteln seiner poetischen Durchmessung vergessener Schichten unseres kulturellen Gedächtnisses. Das Argument des beschädigten Lebens wird in poetischer und medialer Perspektive zum Gegenstand der Reflexion. Gezeigt wird, daß gerade aus der Zurückweisung eines souveränen Erzählerstandpunkts und der Einsicht in die Unverfügbarkeit eines sich medial verzweigenden Wissens W.G. Sebalds Gedächtniskunst ihre ethische Dimension gewinnt.