Im Jahre 1994 hob der Strafgesetzgeber, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, eine der ana-chronistischsten, symbolträchtigsten, in der neueren Strafrechtsgeschichte umstrittensten und bis heute prominentesten Strafvorschriften auf - § 175 StGB. In seiner Dissertation untersucht der Verfasser die in juristischen Fachgremien wie in gesellschaftlichen Kreisen intensiv ge-führten Diskussionen um diesen Tatbestand, welcher lange Zeit homosexuelle Handlungen als sogenannte "widernatürliche Unzucht" mit Strafe bedrohte. Daneben wendet er sich den ver-schiedenen Qualifikationsgründen, die das Strafgesetzbuch früher für besondere Formen der homosexuellen Handlung kannte, sowie der strafrechtshistorischen Entwicklung der zweiten Ausprägung "widernatürlicher Unzucht", der Sodomie, zu. Der Gang der Rechtsprechung, die Auslegung der Strafvorschriften durch das juristische Schrifttum und das Ringen der Großen Strafrechtskommission um eine zeitgemäße Gesetzesfassung finden ebenso Eingang in die Darstellung wie die politischen, sozialen und kulturellen Hintergründe und der Ende der Sechzigerjahre zaghaft einsetzende gesellschaftliche Wandel im Umgang mit Homosexualität. In das Zentrum seiner Betrachtungen stellt der Verfasser die Entwicklung nach 1945 in der Bundesrepublik Deutschland. Über die religiöse Prägung der Vorschriften in Frühzeit und Mittelalter, deren Säkularisierung während der Aufklärung, die Entkriminalisierungstenden-zen der Weimarer Zeit und die Ideologisierung und Strafschärfung durch den nationalsozialis-tischen Gesetzgeber informiert er einleitend in Form einer historischen Grundlegung. Die zu-meist konträr verlaufende legislationsgeschichtliche Entwicklung in der Deutschen Demokra-tischen Republik ist derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland am Ende eines jeden Ka-pitels gegenübergestellt. Eine kritische Würdigung bildet den Abschluß der Untersuchung.